Wo hängen die ältesten Glocken auf hessischen evangeIischen Kirchen ?

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Ja das möchten wir in der Tat gerne wissen. Und vielleicht dürfen wir darauf antworten, sie hängen auf dem Turm der evangelischen Kirche in Ulfa Es ist dies ein Ort von etwa 1100 Einwohnern in der Nähe von Schotten . Der Ortsname (ursprünglich Oloffe) weist uns darauf hin, daß es sich hier urn eine ganz alte, wahrscheinlich schon aus der Keltenzeit stammende Siedlung handelt, das Wort bedeutet ¸Sumpfland", denn schon zur Zeit Karls des Großen taucht in den Rechnungen des Kl osters Fulda zum erstenmal dieser Ort auf. So waren denn woht auch die Mönche dieses Klosters die ersten Boten des Christentums. Nach fachkundiger Feststellung stammt auch unsere Kirche aus der Zeit zwischen 900 und 1000. Und nun hängt auf unserem Turm eine Glocke, die dies Jahr ihren 605. Geburtstag feiert (1940). Sie ist nicht mehr schön anzuschauen, von ihrem alten äußeren Glanz hat sie wohl ziemlich alles verloren und auch ihr weitgeöffneter Mund zeigt manche Scharte und ist nicht mehr glatt und rund. Aber trotzdem tut sie nun seit diesen vielen Jahren getreulich ihren Dienst und laßt mit ihren beiden etwa 50 bis 70 Jahre jüngeren Schwestern immer wieder ihren ehernen Ruf erschallen. Wir erfahren von ihr selbst, daß sie von emem Meister Bertold im Jahr des Herm 1334 gegossen wurde. Genau heiRt die Inschrift am oberen Rand: ¸MESTIRBERTULD + ANNO DMJ + M+CCC+ XXXIII+" Sie war, wir stehen ja damais noch mitten in der katholischen Zeit, wahrscheinlich der Gottesmutter Maria geweiht und hat nun als solche rund 200 Jahre lang zum katholischen Gottesdienst gerufen . Halten wir einen Augenblick still und blicken uns in der Weit urn. Im gleichen Jahr 1334 stirbt in Avignon in Südfrankreich der damalige Papst Johann XXII. Er Iebt dort in äußerlicher Freiheit, aber in allen großen Dingen doch von dem französischen König abhängig und ist eben deshalb auch ein grimmiger Gegner des rechtmäßig gewählten deutschen Kaiser Ludwig des Bayern. Erst 200 Jahre später sind all die reformbestrebungen, die sich in der Kirche schon lange ankündigten und z. b. in Wiclif und Hus ganz deutlich sichtbar wurden, in Martin Luthers Reformation zum Sieg gekommen. Jedenfalls schließt sich Ulfa, das zum Land Philipps des Großmutigen gehört, alsobald der Reformation auf und so läutet denn unsere Marienglocke zusammen mit ihren kleinen Schwestern im Jahre 1334 dem ersten evangelischen Prediger Ludwig Waborn zum Gottesdienst. Und ail die Jahre hindurch begleitet sie alle Einwohner bei guten und bei schweren Tagen, ob es sich um die Taufe eines kleinen Erdenbürger handelt. ob sich ein Paar die Hand fürs Leben reicht, oder ob einer zur letzten Ruhe getragen wird, immer ist unsere Glocke dabei und ruft vertraut und doch ernst zum Lob und Dank oder auch zum Trost. Nur als 100 Jahre später der Dreißigjährige Krieg. wütet und unsere Glocke von ihrem hohen Wachtposten aus manche Söldnerschar sieht, da bleibt hr Mund manchmal stumm, wenn man wieder die Pestleichen fortträgt, weils gar zu viele sind , weil wohl auch manchmal der Arm fehlt, der sie zum KIingen bringen könnte. Auch der Pfarrer erliegt dieser Seuche und wird 1635 in Nidda begraben. Wieder 100 Jahre später hängt die Glocke auf dem neuerbauten Turm, der im Jahr 1721 durch einen Blitzschlag schwer beschädigt ist . sicherlich mußte da auch die Glocke unten stehen während des recht langwierigen Wiederaufbaus. Und als wieder ein Jahrhundert verstrichen, da hat sie die Begeisterung der Freiheitskriege miterlebt, auch da Trost und Kraft gespendet beim Auszug oder auch beim Eintreffen einer Gefallenmeldung so begleitet sie weiter die vielen Hunderte, die während der 600 jahre unten am Fuß des Turms vorbeigingen und gehen, und kann hoffentlich Dienst nun wieder viele Jahre hindurch weiter tun, um uns immer wieder zur Verkündung des Gotteswortes zusammenzurufen oder urn uns in frohen und in ernsten Tagen weiterhin zu begleiten, zu mahnen und zu stärken.